Dieses Buch Unzertrennlich- über den Tod und das Leben hatte ich gefürchtet. Bücher über das Sterben sind nicht immer einfach zu lesen. Dieses Buch aber, ist ein ganz besonderes, anrührendes, tröstliches. Ich habe es in einem Rutsch durchgelesen, weil ich wissen wollte, wie Irvin D. Yalom am Ende, nach all den Vorbereitungen damit umgeht, wenn seine Frau gestorben ist.

Unzertrennlich- über den Tod und das Leben

Der letzte Wunsch der todkranken Marylin Yalom ist es, ein gemeinsames Buch mit ihrem Ehemann Irvin D.Yalom über ihre letzten Lebensmonate zu schreiben. Die Erfahrungen, die das parallele Schreiben mit sich bringt, hilft ihnen, dem Thema Tod nach und nach seinen Schrecken zu nehmen.

In den letzten Monaten ist es mir meist schlecht gegangen. Man hat ein Multiples Myelom bei mir festgestellt, mich auf starke Medikamente gesetzt, ich habe einen Schlaganfall erlitten.”

Marylin Yalom in “Unzertrennlich”

„In den letzten Monaten ist es mir meist schlecht gegangen. Man hat ein Multiples Myelom bei mir festgestellt, mich auf starke Medikamente gesetzt, ich habe einen Schlaganfall erlitten.“ So beschreib die 87-jährige Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Marilyn Yalom ihren Gesundheitszustand im zweiten Kapitel. An dieser Stelle steht bereits fest, dass diese Geschichte mit einem Tod enden wird, und es macht sich ein beklemmend ängstliches Gefühl bereit, wie beklemmend der Weg dorthin sein würde.

Marylin Yalom

Marylin Yalom war eine Mitbegründerin des ehemaligen Center for Research on Women (CROW) an der Stanford University und war eine der Vorreiterinnen des Feminismus in den USA. Durch ihre Tätigkeit hatte sie ein weltweites Netzwerk an Freunden, Bekannten und wohlmeinenden KollegInnen, von denen sie bewusst Abschied genommen hat. Marylin Yalom wirkt über weite Passagen sehr überlegt und abgeklärt, was ihr eigenes Sterben betrifft. Ganz so, als hätte sie ihren Frieden mit dem drohenden Ende gemacht. Im Laufe des Buches beschreibt das Ehepaar, das 65 Jahre verheiratet war, wie sie an diesen Punkt kommen konnte. Tatsächlich ist es irgendwann die Aussicht auf mögliche ärztliche Sterbehilfe tröstend für sie. Das Erleben und Beschreiben der unterschiedlichen Phasen des Sterbens und dessen Begleitung ist ein schwerer und schmerzvoller Prozess.

Irvin D. Yalom

Irvin D. Yalom hat als einer der einflussreichsten Psychoanalytiker der USA durch seine Arbeit als Psychotherapeut jahrzehntelange Erfahrung mit Trauerbegleitung gesammelt. Und doch beschreibt er sehr eindrücklich, wie völlig anders es sich anfühlt, wenn man der ist, der übrig bleibt und selbst zum Trauernden wird.

Umgang mit dem Thema Älterwerden und dem nahenden Lebensende

Hinzu kommt der Umgang mit dem eigenen nahenden Tod und weiteren Themen, die mit dem Älterwerden eines Menschen zusammenhängen. Nicht nur das Loslassen der Lebenspartnerin in den Tod das Abschließen mit seiner Lebensaufgabe, der psychologischen Beratung gilt es zu verwinden. Das Buch liefert viele Themen, die jeden irgendwann betreffen. Es geht nicht nur um das Sterben, sondern auch um die Frage, was ein Leben lebenswert und erfüllt macht. Das Älterwerden, das Aufgeben der Arbeit im Alter, das Loslassenmüssen und Sorgen, die man sich am Lebensende macht.

Fazit

„Unzertrennlich“ begleitet behutsam den Weg von der Diagnose bis hin zum Tod. Der Leser in dem Sterbeprozess doppelt nahe. Als Sterbende und als der, der das Sterben begleitet. Inklusive der Aussicht auf den eigenen, wahrscheinlich bald nahenden Tod.
Durch private Fotos des Ehepaares und ihrer Familie erhält das Buch eine zusätzliche Tiefe, die auf den Lesenden wirkt.
Das Ehepaar Marylin und Irvin D. Yalom haben es in ihrem letzten, gemeinsamen Buch geschafft, da Ende ihrer Geschichte behutsam und schonungslos zugleich zu erzählen. Die Geschichte vom Älterwerden, vom Abschiednehmen und die einer großen Liebe.

Infos zum Buch

Buchcover Unzertrennlich Yalom

Unzertrennlich- über den Tod und das Leben

Yalom, Irvin D., Yalom, Marilyn
2020, gebunden, 320 Seiten
Deutsch: Kammerer, Regina, 2021
btb Verlag
ISBN: 9783442759217