Am Samstag schickte ich meine Familie ins kleine Schwarze und fuhr selbst nach Stuttgart zum Haus der Geschichte Baden Württembergs.
Dort wollte ich Anette, Isabel und den Rest der la-le-luna Familienband (Link zu meinem Bericht über die Band) zum Workshop und Konzert treffen.
Der Raum im Haus der Geschichte lag im 6. Stock hoch über den Dächern von Stuttgart und ein Glück war das Wetter wunderbar und es gab eine bombige Aussicht.
Workshop – Wie schläfst Du ein?
Im Workshop geht es zunächst darum, welche Bindung das gemeinsame Musizieren in der Familie schaffen kann. Dabei ist es weder wichtig, ob alle singen können oder gar ein Instrument beherrschen. Hauptsache, das gemeinsame Musizieren bereitet allen Freude.
Gemeinsam mit den Workshopteilnehmern tauschten wir unsere eigenen Einschlafrituale aus: Vorlesen, Selberlesen, sich vom Tag erzählen, etwas Positives über alle in der Familie sagen oder gemeinsam ein Schlaflied singen. Es gab die unterschiedlichsten Rituale.
Ein tschetschenischer Papa eines kleinen Sohnes singt für alle sein Lieblingschlaflied. Das fand ich sehr berührend, weil so viel Tiefe und Liebe in seinem Gesang lag.
Das la-luna Familienkonzert
Es kamen viele Besucher, darunter einige Flüchtlingsfamilien. Das Motto des Konzerts war #Begegnungen und diese fanden zahlreich statt. Zwischen Jung und Alt, zwischen Deutschen, Tschetschenen, Syrern und Afrikanern. Zwischen Familien und kinderlosen Menschen. Und ich hörte Deutsch, Englisch und Arabisch
Als es langsam draußen zu dämmern begann, fing das eigentliche Konzert an. La-le-luna tritt für das Einschlafkonzert im Schlafanzug barfuß oder mit dicken Socken an. Jeder, wie er mag. Im Raum liegen ganz viel weiche Kissen, zum Sitzen, Liegen oder Kuscheln, mit denen es sich die Besucher bequem machen können.
Dieses Familienkonzert war ein ganz besonders, nicht nur wegen seiner bunt gemischten Besucher. Es war auch auf der Bühne ein ganz besonderes Zusammentreffen: Die la-Le-Luna Familienband wurde von zwei Gastmusikern begleitet: Samir Mansour, der seit 1999 in Deutschland lebt und professioneller Musiker ist. Er begleitete den Gesang und unterstütze die Musiker auf der Oud, einer orientalischen Laute. Mansour versteht sich und sein von ihm mitberündetes Ensemble Layalina als musikalische Brücke zum Orient. Sarina Aeshou, die auch aus Syrien stammende Musikerin unterstützte das Konzert gesanglich.
Sarina singt ein syrisches Schlaflied, das alle aus dem arabischen Sprachraum mitsingen können.
Was ich aus Stuttgart mitgenommen habe
Menschen sind sehr unterschiedlich. Sie sind nicht nur äußerlich durch Abstammung, Alter, Geschlecht und Erfahrungen geprägt, auch ihr kulturelles Erbe macht sie zu dem, was sie sind. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten, wie die Tatsache, daß alle Menschen auf der Erde ihren Kindern Lieder oder Melodien vorsingen, um ihnen das Einschlafen zu erleichtern.
Wenn man sich auf Menschen einläßt, dann kann man einen Blick hinter die Äußerlichkeiten werfen. Und versuchen ihre Geschichte zu verstehen.
Nach dem Konzert hatte ich noch Gelegenheit mich mit dem 21-Jährigen syrischen Kurden Bilal Hassaf zu unterhalten, der im Herbst 2015 aus der syrischen Stadt Al-Qamishli nach einer mehr als 20 tägigen Flucht in Passau ankam. In Syrien studierte er Jura und arbeitete für eine freie Presseagentur. Sein Traum ist es in Deutschland Fotojournalist zu werden. Seine aufgeschlossene, durchweg positive Art hat ihn in Deutschland schon weit gebracht: schneller als andere Mitbewohner des Flüchtlingsheimes bezog er ein WG-Zimmer statt der Turnhalle, weil er sich selbst darum kümmerte. Der Elan blieb nicht lange verborgen und so konnte er bereits bei einem Theaterprojekt mitwirken und in Marbach seine Bilder in einer Ausstellung zum Thema Freiheit präsentieren. Über seine Werke sagt er „Ich will Bilder nicht nur zeigen, sondern damit Emotionen wecken“. Das alles gelang ihm durch Kontaktfreudigkeit und ohne Sprachkurs. Der soll erst jetzt im Herbst beginnen.
Es sind Begegnungen
mit Menschen,
die das Leben
lebenswert machen.Guy de Maupassant